Dienstag, 26. August 2008

Untraceable - Jeder Click kann töten (DVD)

... oder... Moralpredigt mit dem Holzhammer ... 


Mit recht wenigen Erwartungen habe ich ende letztes Jahr den Trailer zu "Untraceable" im Kino angesehen. Als passionierter Fan der SAW Filme bin ich anfänglich von einem Trittbrettstreifen der übleren Sorte ausgegangen. Auch die Tatsache, dass ich mit Diane Lane als Schauspielerin ansonsten herzlich wenig anfangen kann, hat meine Vorfreude nicht ins unermessliche geschührt.

Zunächst im Kino und jetzt auf DVD war ich dann auch sehr positiv überrascht was aus einem vermeintlichen Klon alles rauszuholen war:

Handlung (ohne wesentliche Spoiler) 

Jennifer Marsh ist eine Alleinerziehende FBI Agentin in der Cyber Crime Division. Zusammen mit Ihrem Partner schiebt sie Nachtschichten um Ihre Tochter zu ernähren und tagsüber trotzdem Zuhause sein zu können. Ein intelligenter Deskjob, welcher aber anscheinend keine grossen Karriereperspektiven bietet. Jennifer spührt Internetverbrecher auf. Jungs, die sich illegale Videos aus dem Netz ziehn, die mit gestohlenen Kreditkarten auf Einkaufstour in der virtuellen Welt umherstreifen und Stadträte die sich im Chat mit 12-jährigen Mädchen in der realen Welt treffen wollen. 

Doch eines Nachts hat all dies ein Ende, als ein Informant das Team auf die Internetseite "www.killwithme.com"  aufmerksam macht. Zunächst sind die Ermittler schockiert, als sie sehen dass in einem ersten Test während eines Livestreams ein kleines Kätzchen ermordet wird.

Jennifer schliesst die Seite sofort - diese öffnet sich aber sogleich wieder von einem anderen Host aus. Als sich die Seite auch nicht zurückverfolgen lässt ahnt zumindest Jennifer die bevorstehende Gefahr.

Das FBI hingegen interessiert sich allerdings erst richtig dafür als wenige Tage darauf ein erneuter Stream mit einem Menschen beginnt. Der wehrlose Mann hat leichte Schnittwunden im Oberkörper. Der Killer lädt allerdings die Internet-Community dazu ein seine Seite zu besuchen. Mit jedem Webhit wird dem Opfer eine höhere Dosis eines blutgerinnungshemmenden Mittels injiziert. 

...ein tödliches Spiel nimmt seinen lauf... 

Cyber-Jigsaw für Arme? 

Zunächst hört sich Untraceable wie ein lahmer versuch eines SAW Klons an. Bald schon wird aber klar, dass sich Untraceable von SAW sehr weit zu distanzieren versucht. Meiner Meinung nach mit vollem Erfolg. 

Jigsaw aus SAW ermordet seine Opfer nicht, er treibt sie in den meisten Fällen in den Selbstmord. Der Mörder in Untraceable benutzt die Internet-Community um seine Morde zu begehen. 

Obwohl Jigsaw ein verzweifelter alter Mann ist, ist er stets Herr der Lage. Der Mörder in diesem Film hinterlässt aber einen wesentlich unbeholfeneren Eindruck. Er ist zwar keinesfalls stupide, jedoch verfügt er nicht über die Fähigkeit die Ereignisse so punktgenau vorherzusehen wie Jigsaw das tut. Er ist also weniger Puppenspieler als Teil seines eigenen Spiels. Er benutzt die Internet-Community um sein tödliches Spiel zu spielen und macht somit quasi jeden Einzelnen von uns zum potentiellen Mittäter. 

Der Film entpuppt sich als Morallektion an die Internetgemeinde. Genauso wie über 90% der Community hasse ich Moralpredigten bis aufs Blut. Untraceable schafft es jedoch gekonnt die Message mit einem gewissen Stil zu überbringen. 

Was wäre gewesen, wenn niemand geklickt hätte? und natürlich viel interessanter, warum verläuft jeder Mord immer schneller? Auch wenn die Öffentlichkeit darüber informiert ist, dass es sich um echte Morde handelt? Warum wird die Seite trotzdem so gut frequentiert? 

Warum ist die Internet-Generation so verroht und verdorben dass man selbst dann noch zusehn will, wenn wirklich jemand stirbt? Und warum werden heute schon Videos von echten Gewalttaten (Zufällig gefilmte Selbstmorde, Unfälle a la "Oops" etc. etc.) so oft heruntergeladen?

Der Film wirft definitiv interessante Fragen auf, welche sich mit dem aktuellen Thema der "ungefilterten Youtube - Generation" eindrücklich auseinandersetzt. Bald fragt man sich auch, ob Zensur eine Lösung ist oder wie man mit solchen Phänomenen umgehen sollte. 

Nun aber zum Haken: 

Untraceable ist eine Lektion in Internet-Moral. Leider wollte Untraceable ursprünglich auch noch etwas anderes sein - nämlich ein Horrorfilm. Wahrscheinlich war die Absicht hinter dem Film möglichst viele Leute zu erreichen. Dies könnte auch der Grund sein, warum der Film locker auf ein FSK 16 gekommen ist. 

Klar finden sich einige Morde wieder, die recht grausam und brutal sind. Jedoch findet bis auf eine einzelne Ausnahme (Stichwort Hardcore-Solarium) die ganze Gewalt eher Offscreen statt. 

Jede Franchise, sei es nun SAW, Freddy, Jason oder Hellraiser ist klar als Horrorfilm positioniert und "geniesst" dies auch sichtlich. Untraceable ist anders. Man merkt dem Film sehr gut an, dass man sich im Prinzip wirklich von dem gezeigten Distanziert und damit im Prinzip nichts zu tun haben will.  

Eigentlich löblich - aber dem Horrorfan, der die (gestellte und gespielte) Action wirklich sehn will fällt das schon bald sehr negativ auf. On-Screen Action gibts nämlich so gut wie keine. Dafür findet etwas anderes statt. Die Szenen sind meines erachtens nach wesentlich "humaner" dargestellt als in den meisten anderen Horrorfilmen. Dies ist allerdings nicht auf die soeben erwähnte Off-Screen Action bezogen, sondern auf den generellen Tone, den die einzelnen Szenen haben. Die Szenen sind weniger zelebrierend abgehalten wie z.B. in einem Freddy Film. Es handelt sich dabei nicht um Schlachtszenen, sondern um den sensibel inszenierten Tod von Filmcharakteren. 

Dies führt dazu dass der Film zwar meines erachtens nach das Label Horrorfilm nicht verdient hat, dafür findet sich ein äusserst spannender Thriller wieder.

Die schauspielerischen Leistungen sind durch die Bank weg mit "gut" zu beurteilen. Das Team jedenfalls spielt eine beeindruckend gleichwertige Leistung. Niemand sticht heraus, aber es flacht auch niemand extrem ab. 

Schulnote: 5

Pro: 
- intelligenter Thriller der zum Nachdenken anregt
- solide gespielt
- "trotz" Moralpredigt interessanter Plot 
- "trotz" viel "Off-Screen" Action intelligente Horrorszenen
- Film schliesst gekonnt in sich ab - lässt absichtlich keinen Raum für ein direktes Sequel

Con:
- zu viel Off-Screen Action
- hat teils einen zu moralischen Anstrich (Die Wahrheit schmerzt halt...? ) 

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